Bildungsnachfrage als Versicherungsstrategie: der Effekt eines zusätzlich erworbenen Lehrabschlusses auf die beruflichen Startchancen von Hochschulabsolventen
Felix Büchel and
Christof Helberger
Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 1995, vol. 28, issue 1, 32-42
Abstract:
"Bereits rund ein Viertel der Studierenden an deutschen Universitäten verfügt über eine abgeschlossene Berufsausbildung, meist in Form einer Lehre. Trotz der beobachteten Häufigkeit ist dieser Ausbildungspfad aus einer bildungsinstitutionellen Perspektive heraus betrachtet atypisch. Es stellt sich somit die Frage nach der Motivation zu einer solchen kumulativen Bildungsstrategie sowie nach deren Erfolgsaussichten. Hierzu wird zunächst die Bildungswahlentscheidung nach dem Abitur analysiert. Sodann wird überprüft, ob ein zusätzlicher Lehrabschluß geeignet ist, den Übergang nach einem Universitätsstudium in eine ausbildungsadäquate Beschäftigung zu erleichtern oder die Starteinkommen der Berufsanfänger positiv zu beeinflussen. Die Untersuchung stützt sich auf Daten des Sozio-ökonomischen Panels (West), Jahre 1984-1993. Es zeigt sich, daß überdurchschnittlich oft Kinder bildungsschwächerer Eltern nach dem Abitur eine Lehre beginnen, anstelle direkt ein Universitätsstudium aufzunehmen. Dies wird als Indiz dafür gewertet, daß vornehmlich Leistungsfähigkeit und/oder Risikokalkül die erste Bildungswahlentscheidung nach dem Abitur beeinflussen: In Zeiten sich verschlechternder Studienbedingungen mit hohem Abbruch-Risiko und eines sich verschärfenden Wettbewerbes am Akademiker-Arbeitsmarkt erscheint es für leistungsschwächere oder risikoaversere Abiturienten rational, sich gegen ein Scheitern in Studium oder späterer Berufstätigkeit zunächst über einen Lehrabschluß zu 'versichern'. Im Falle eines anschließenden erfolgreich abgeschlossenen Universitätsstudiums ergeben sich keine Wettbewerbsvorteile gegenüber Personen, die ihr Studium ohne Umweg-Ausbildung realisierten. Universitätsabsolventen, die über einen zusätzlichen Lehrabschluß verfügen, müssen im Gegenteil mit einer längeren Suche nach einem ausbildungsadäquaten Arbeitsplatz rechnen als Absolventen ohne Zusatzausbildung. Diese durchschnittlich längere Arbeitsuche wird nicht durch höhere Starteinkommen kompensiert. Wird somit eine kumulative Bildungsstrategie nicht aus Risikoüberlegungen, sondern vielmehr in der Absicht verfolgt, sich durch eine möglichst breit angelegte berufliche Qualifikation optimale Ausgangschancen am Arbeitsmarkt zu verschaffen, so erweist sich diese Strategie als offensichtlich untauglich. Abgeleitet aus diesen Ergebnissen wird der starke Zustrom von Abiturienten in das duale System aus volkswirtschaftlicher Sicht negativ bewertet. Die Autoren plädieren für eine Reform des Hochschulstudiums durch die Vergabe von berufsqualifizierenden Zwischenabschlüssen, um leistungsschwächeren oder risikoaverseren Abiturienten eine volkswirtschaftlich effizientere Perspektive außerhalb des dualen Systems zu bieten." (Autorenreferat, IAB-Doku)
Keywords: Bundesrepublik Deutschland; Ausbildungsabschluss; Auswirkungen; Bildungsnachfrage; Doppelqualifikation; Einkommenseffekte; Hochschulabsolventen; Abiturienten; adäquate Beschäftigung; Arbeitsmarktchancen; 1960-1993 (search for similar items in EconPapers)
Date: 1995
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