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Konsum und Ökonomik - Grundlagen, Kritik und Perspektiven

Reinhold Hedtke

in EconStor Books from ZBW - Leibniz Information Centre for Economics

Abstract: Diese Arbeit interessiert sich vor allem dafür, wie und auf welchen Grundlagen die mikroökonomische Theorie Konsum konstruiert und welche Folgen dies für das ökonomische Verständnis von Konsum mit sich bringt. Zu fragen ist, ob die konzeptionellen Fundamente der standardökonomischen Theorie des privaten Haushalts ausreichen, um eine ökonomische Konsumtheorie zu fundieren . Selbst wenn das der Fall sein sollte, wird man darüber hinausgehend zu dem Ergebnis kommen, dass eine ökonomische Konsumtheorie allein unbefriedigend bleibt, da Konsum als durch und durch soziales Phänomen nur angemessen erklärt werden kann, wenn es gelingt, eine integrierte sozialwissenschaftliche Konsumtheorie zu entwickeln. Davon sind wir allerdings offensichtlich noch recht weit entfernt. Um diesem Ziel näher zu kommen, ist die Frage zu klären, ob eine rein ökonomische und vor allem: welche ökonomische Konsumtheorie sozialwissenschaftlich anschlussfähig ist. Diese Untersuchung soll also eine grundlegende Analyse leisten, die sich systematisch und zusammenhängend mit den Fundamenten und Grundbegriffen der standardökonomischen »Konsum«-Theorie auseinandersetzt. Dabei wird vermutet, dass diese Grundlagen so, wie sie derzeit standardökonomisch formuliert werden, für eine Konsumtheorie nicht ausreichen. Die kritische Analyse soll deshalb zugleich den Ausgangspunkt für einen konsumtheoretischen Neuanfang freilegen, der sich von den preis- und gleichgewichtstheoretischen Fesseln der Standardökonomik befreit und versucht, gewissermaßen rücksichtslos den »vollständigen« Konsum und nicht nur die Nachfrage oder nur die Haushaltsproduktion ins Zentrum der theoretischen Analyse zu stellen. Die Untersuchung beginnt mit einer recht gerafften Darstellung des Forschungsprogramms der Standardökonomik, die notwendigerweise vereinfachen und typisieren muss (Kapitel 2). Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den konsumtheoretisch relevanten Konzepten für Akteur, Handlung und Handlungsraum (2.1.1) . Gerade Konsumhandlungen bewegen sich in einer Zwischenwelt zwischen Wirtschaft (Nachfrage) und Gesellschaft (Konsumkultur). Deshalb muss geklärt werden, in welches Verhältnis die Standardökonomik Wirtschaft und Gesellschaft setzt (2.1.2). Bei der Frage nach den standardökonomischen Zielen und Methoden interessiert insbesondere der methodologische Individualismus, weil er der konsumtheoretischen Analyse inhaltliche Grenzen setzt (2 .1.3). Das dritte Kapitel thematisiert die Basiskonzepte, auf die sich die standardökonomische Nachfragetheorie bezieht. Dazu gehört die Figur der Knappheit, die aus der Vorstellung unbegrenzter Bedürfnisse heraus entwickelt wird und deshalb ein konsumtheoretisches Konstrukt ist (3 .1). Eine zentrale Bedeutung kommt der These von der Konsumentensouveränität zu, die eng mit der Idee verbunden ist, alles wirtschaftliche Handeln diene letztlich dem Konsum (3.2). Die Ergebnisse der Auseinandersetzung mit den Basiskonzepten werden in einem Zwischenfazit zusammengefasst (3.3). Im Fokus des Kapitels 4 stehen Handelnde und Handlungen des Konsums. Damit ist der allgemeine Rahmen abgesteckt, in dem sich die standardökonomische Nachfragetheorie mit Konsum auseinander setzen kann und an den ihre Grundbegriffe gebunden sind. In den Kapiteln 4, 5 und 6 werden die konsumtheoretischen Grundbegriffe dargestellt und kritisiert. Zunächst ist zu klären, wie Konsum als eine ökonomische Handlung konzipiert werden kann (4.1). Im nächsten Schritt geht es darum, wie die Konsumakteure ökonomisch konstruiert werden; eng damit verbunden sind die Maximen, nach denen sie ihr Konsumhandeln ausrichten (4.2). »Rationalität« bildet hier das einschlägige Konzept. Die Kritik der standardökonomischen Positionen richtet sich vor allem auf die Vorstellung, der Haushalt könne als homogener Akteur behandelt werden (4.2.2.1), auf die Reduktion privater Haushalte auf eine Analogie zu Unternehmen (4.2.2 .2) sowie auf die Annahme der Rationalität des Konsums (4.2.2.3). Ein Zwischenfazit bündelt die Analyseergebnisse zum Handlungs- und Akteurskonzept (4.3). Das Kapitel 5 widmet sich den Motiven und Zielen, die dem Konsum zugeschrieben werden. Als zentrale Triebfeder ökonomischen Handelns, vor allem aber konsumtiven Handelns, werden die individuellen Bedürfnisse verstanden (5. 1). Sie genießen in der Standardökonomik überwiegend nur ein geringes Interesse. Kritisch betrachtet werden die Sichtweise, man könne Bedürfnisse aus Sicht der Ökonomie und Ökonomik als exogen behandeln (5.1.2.1 ), die Annahme unbegrenzter Bedürfnisse (5.1.2.2) sowie die Vorstellung, Bedürfnisse seien einer (rationalen) Reflexion nicht zugänglich (5.1.2.3). Im Unterschied zu »Bedürfnis« hat der Begriff »Nutzen« die mikroökonomische Theorie lange und intensiv beschäftigt und erhebliche Kontroversen ausgelöst (5.2). In der modernen Standardökonomik verliert er aber zusehends an Bedeutung und wird mehr und mehr zu einer rein formalen Kategorie (5 .2.1 ). Das Nutzenkonzept wird hier hauptsächlich kritisiert, weil es unterschwellig normativ ist (5.2.2.1), mit der Unterstellung der Nutzenmaximierung arbeitet (5.2.2.2), die Entstehung von Nutzen ausklammert (5.2.2.3) und einen monistischen Nutzenbegriff verwendet (5.2.2.4). Die Ergebnisse der kritischen Diskussion der Basisbegriffe Bedürfnis, Nutzen und Präferenz fasst ein Zwischenfazit zusammen (5.4). Neben den Zielen und Motiven konsumtiven Handelns muss sich eine ökonomische Analyse auch mit dessen Objekten beschäftigen, den Gütern und Dienstleistungen (Kapitel 6). In diesem Zusammenhang werden zum einen der Ansatz der Gütercharakteristika (6.3 .1 ), zum anderen der Ansatz der Neuen Haushaltsökonomik thematisiert (6.3.2). Während der erste die Güter in ihre Charakteristika dekomponiert, geht der zweite davon aus, dass die eigentlich gewünschten Zielgüter erst vom Haushalt selbst hergestellt werden, und betrachtet deshalb den Haushalt als Produktionsstätte. Kritisch diskutiert werden der Versuch, Strukturen und Merkmale der Produktion auf den Konsumbereich zu projizieren (6.3.3.1) , der objektivistische Ansatz, den das Konzept der Haushaltsgüter verkörpert (6.3.3.2), sowie der verwendete Zeitbegriff, besonders hinsichtlich der nicht berücksichtigten Zeitstruktur und einer objektivistischen Zeitbewertung (6.3.3.3). Ein Zwischenfazit bündelt die Ergebnisse (6.4). Das Kapitel 7 fasst zum einen die Ergebnisse der Analyse zusammen. Betrachtet man die Kritik der Konsumökonomik im Zusammenhang, zeigt sich, dass die Entwicklung einer Neuen Konsumtheorie sinnvoll und notwendig ist. Zum anderen zeigt dieses Kapitel, dass eine Neue Konsumtheorie auch möglich ist, indem es bereits vorliegende theoretische Konzepte skizziert, die sich als angemessenere Startpunkte für eine Neue Konsumtheorie eignen. Damit werden zugleich Perspektiven für die konsumtheoretische Forschung aufgezeigt.

Keywords: Konsumtheorie; Mikroökonomik; Haushaltsökonomik; Standardökonomik; Konventionenökonomik (search for similar items in EconPapers)
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Date: 2001
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