Die Handelsbeziehungen der Nachfolgestaaten der Sowjetunion: von der regionalen Desintegration zur weltwirtschaftlichen Integration?
Rolf Langhammer and
Matthias Lücke ()
No 244, Kiel Discussion Papers from Kiel Institute for the World Economy (IfW Kiel)
Abstract:
Vor dem Reformprozeß hatte sich die Sowjetunion weitgehend vom Weltmarkt abgekoppelt. Gleichzeitig gab es ein eng geknüpftes Netz interregionaler Lieferverflechtungen über die Grenzen der Republiken hinweg. Die regionalen Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wurden durch umfangreiche direkte und indirekte Transfers ausgeglichen, vor allem durch den Export unterbewerteter Rohstoffe aus Rußland in die meisten übrigen Republiken. Mit der politischen Desintegration traten Eigeninteressen der ehemaligen Sowjetrepubliken in den Vordergrund. Die direkten Transfers entfielen sofort. Die Nettoimporte der meisten Nachfolgestaaten aus Rußland wurden in begrenztem Maße noch durch Kredite, nicht aber durch unentgeltliche Übertragungen finanziert. Gleichzeitig wurden die Preise im zwischenstaatlichen Handel dem Weltmarktniveau angepaßt. Die dramatisch verschärften Zahlungsprobleme führten zu einem Einbruch im Handel zwischen den Nachfolgestaaten und zur Auflösung der Rubelzone. Dieser Zusammenbruch beeinflußte auch das Volumen und die Struktur des Handels der Nachfolgestaaten mit Drittländern. Die Risse im hoch arbeitsteiligen Bezugs- und Liefernetz der Nachfolgestaaten untereinander schränkten die Wettbewerbsfähigkeit auf Drittmärkten ein. Exportiert werden mittlerweile meist nur noch Rohstoffe und rohstoffnahe Güter, bei deren Produktion man weitgehend ohne Vorleistungen aus den anderen Nachfolgestaaten auskommt. Drei Jahre nach der Auflösung der Sowjetunion ist der regionalen Desintegration noch keine weltwirtschaftliche Integration gefolgt. Die Gründe hierfür liegen vornehmlich bei den Nachfolgestaaten selbst, die eine vielfach inkonsistente Transformationspolitik betreiben. Aber auch die OECD-Staaten erschweren die weltwirtschaftliche Integration, indem sie den Exporten der Nachfolgestaaten handelspolitische Barrieren — vor allem in Form von Antidumpingverfahren und Importquoten — in den Weg stellen. Vieles spricht dafür, daß in der nahen Zukunft weiterhin Rohstoffexporte das Angebot der Nachfolgestaaten prägen werden, auch wenn im Hochtechnologiebereich und bei arbeitsintensiven Konsumgütern, wie Textilien, vereinzelt Marktchancen genutzt werden dürften. Zentraler Engpaß für eine Diversifizierung der Exporte wird weiterhin für alle Nachfolgestaaten die Finanzierung eines neuen Sachkapitalstocks sein. Erzeugnisse, die mit Hilfe der alten rohstoff- und energieintensiven Produktionsanlagen erstellt werden, dürften nur noch auf wenigen Märkten (beispielsweise China) und auch dort nur noch für kurze Zeit wettbewerbsfähig sein.
Date: 1995
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