Im Zweifel für die Freiheit: Tarifpluralität ohne Chaos
Ronald Bachmann and
Christoph Schmidt
No 51, RWI Positionen from RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
Abstract:
Ein Betrieb, eine Gewerkschaft - diesen durch die Rechtsprechung etablierten Grundsatz hat das Bundesarbeitsgericht im Juni 2010 aufgehoben und damit das Prinzip der Tarifeinheit zugunsten möglicher Tarifpluralität aufgegeben. Die Stärkung des Grundrechtes der Koalitionsfreiheit passte dem etablierten Tarifkartell freilich nicht: DGB und BDA warnten vor englischen Verhältnissen und forderten die Politik gemeinsam auf, die Tarifeinheit per Gesetz neu durchzusetzen. Im Mittelpunkt der seitdem geführten Kontroverse steht die Tätigkeit von Spartengewerkschaften, insbesondere die Frage ob sie die Funktionsfähigkeit des deutschen Tarifsystems durch eine drohende Flut von Tarifkonflikten und Arbeitskämpfen gefährden. Die RWI Position analysiert, unter welchen Bedingungen neue Spartengewerkschaften entstehen und welche Faktoren ihr tarifpolitisches Agieren maßgeblich beeinflussen. Auf dieser Basis werden künftige Entwicklungen eingeschätzt und wirtschaftspolitische Empfehlungen abgeleitet. Spartengewerkschaften entwickeln sich vor allem dort, wo Schlüsselfunktionsträger eine bedeutende Rolle im Betriebsablauf einnehmen und zugleich schwer zu ersetzen sind. Diese Bedingungen liegen jedoch nur in wenigen Wirtschaftsbereichen vor. Daher haben sich seit Aufhebung der Tarifeinheit kaum neue Gewerkschaften gegründet, eine erhöhte Streikaktivität ist ebenfalls nicht zu verzeichnen. Auch für die Zukunft ist keine Zersplitterung des Tarifsystems zu erwarten. Vor diesem Hintergrund ist ein aktives Eingreifen der Politik zurzeit nicht ratsam. Sollte sich künftig doch noch Handlungsbedarf ergeben, dann wäre ein Eingriff ins Streikrecht und nicht wie gefordert ins Arbeitsrecht empfehlenswert. Dazu stellt die RWI Position zwei Optionen vor, das Koordinationsmodell und das Quorenmodell. Beide Varianten würden einerseits ermöglichen, dass verschiedene Sichtweisen von Seiten der Arbeitnehmer ins Tarifgeschehen eingebracht werden können, und andererseits verhindern, dass vermehrte Tarifkonflikte und erhöhte Streikaktivitäten die Funktionsfähigkeit des Tarifsystems gefährden.
Date: 2012
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