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Persischer Golf, Kaspisches Meer und Kaukasus: Entsteht eine Region strategischen europäischen Interesses?

Uwe Halbach and Friedemann Müller

No S 1/2001, SWP-Studien from Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), German Institute for International and Security Affairs

Abstract: Ein Vierteljahrhundert nach der ersten Ölkrise sind die Probleme des Ölpreises, der Versorgungssicherheit und der OPEC-Macht ins kollektive Bewußtsein zurückgekehrt. Der zyklische Verlauf des Verhältnisses zwischen Produzenten- und Konsumentenländer über 25 Jahre mündete in die Rückgewinnung der Kartellmacht der OPEC. 77% der Weltölreserven liegen auf dem Territorium der OPEC-Staaten, 64% sind allein in der Region des Persischen Golfes konzentriert. Die nach der Ölkrise von 1973/74 erschlossenen Reserven in westlichen Industrieländern (Alaska, Nordsee) gehen zur Neige und finden jedenfalls im konventionellen, in den nächsten zehn Jahren erschließbaren Bereich keine Nachfolge. Der Marktanteil der OPEC an der Weltölversorgung hat bereits wieder den Höchststand von 1976 erreicht und steigt weiter an. Anders als in den 1970er Jahren stellen sich die Wirtschaftsgeographie und die geopolitischen Optionen in der Umgebung des Golfs dar. Die Auflösung der Sowjetunion hat nördlich an die Golfregion angrenzend mit dem neuen Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres und dem südlichen Kaukasus einen Raum hinterlassen, der seit zehn Jahren um seine Staatenbildung und politische Orientierung ringt. Die umgebenden mittleren Mächte wie die Türkei und Iran, aber auch die Weltmacht USA und die in den vorausgegangenen 150 Jahren dominante Macht Rußland, ja selbst China haben großes Interesse an dieser Region gewonnen und durch teilweise massive Interventionen demonstriert. Der wichtigste Grund liegt darin, daß im Kaspischen Becken beträchtliche Mengen Erdöl und Erdgas gefunden wurden und noch größere Mengen vermutet werden. Diese Ressourcen sind zwar quantitativ denen des Golfs nicht vergleichbar, doch groß genug, um für die Versorgung Europas relevant zu sein. Die Region des Kaukasus, genauer gesagt die Ost-West-Verkehrswege nördlich und südlich des Gebirgszugs, stellen die Verbindungslinie zwischen dem Kaspischen und dem Schwarzen Meer, und damit den Zugang zu den Weltmeeren dar. Über sie verlaufen einige Routen von Pipelineprojekten für den Export kaspischer Energierohstoffe nach Europa wie die am stärksten unter strategischen Gesichtspunkten diskutierte Route für eine Hauptexport-Ölpipeline von Baku in den türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan. Gleichzeitig hat sich Kaukasien, d.h. sowohl der Südkaukasus mit seinen drei unabhängig gewordenen Staaten Georgien, Armenien und Aserbaidschan und mit Sezessionsgebilden wie Abchasien und Berg-Karabach als auch der Nordkaukasus mit sieben nationalen Teilrepubliken der Russischen Föderation, seit mehr als einem Jahrzehnt aus einem anderen Kontext hervorgehoben, nämlich als die komplizierteste Konfliktregion in der Peripherie der zerfallenen Sowjetunion. Die Themen "Konflikt und Instabilität", "Rohstoffe und Pipelines" und "Interessenkonkurrenz externer Spieler" liegen hier dicht bei einander. Wurde die Nordkaukasus-Route durch die Tschetschenienkriege weitgehend lahmgelegt, so erweist sich die Südkaukasus-Route durch Georgien bisher als stabil. Wichtig ist jedoch das Verständnis für die Konfliktkonstellationen im Kaukasus insgesamt, da eine stetig wachsende Nutzung dieser Transitregion für die Versorgung Europas mit Energie und anderen Rohstoffen bei anhaltend unwägbaren Konfliktlagen schwer vorstellbar ist. Diese kaukasischen Konfliktlagen werden von einer Vielfalt ineinander greifender Faktoren geprägt: von der außergewöhnlichen ethnischen Vielfalt der Region und einer Fülle ethno-territorialer Streitfälle, die nirgendwo im exsowjetischen Raum in solcher Verdichtung auftraten wie hier - Abchasien, Südossetien, Karabach stehen für eine Fülle weiterer Konflikte, die seit Ende der 1980er Jahre ausgebrochen sind -, von Migrationen und Fluchtbewegungen, die von der konfliktbedingten Gewalt und Entwicklungsbehinderung ausgelöst wurden und die Bevölkerungskomposition in einigen Teilen der Region schlagartig verändert haben, von sozialökonomischen Transformationskrisen und anderen Faktoren. Mehrere Übergangsstellen

Date: 2001
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