Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung zwischen Korporatismus und Wettbewerb
Jens-Uwe Niehoff
Discussion Papers, Research Group Public Health from WZB Berlin Social Science Center
Abstract:
In der sich vollziehenden Transformation des Systems zur Absicherung von Krankheitsrisiken in der Bundesrepublik bleibt eine Institution weitgehend ausgeklammert: der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dieser Dienst hat die Funktion einer unabhängigen Begutachtungs- und Beratungsinstitution der Gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Seine Auftraggeber sind die einzelnen Kranken- und Pflegekassen. Deren Wettbewerb berührt auf vielfältige und widersprüchliche Weise die Aufgaben, die Arbeitsweise, die Beziehungen zu den Krankenkassen, zu den Versicherten, zu den medizinischen Dienstleistern und auch die Unabhängigkeit des MDK. Es werden die sich derzeit vollziehenden widersprüchlichen Entwicklungen im Verhältnis von Krankenversicherung, Krankenkassen und MDK im Gefolge des Wettbewerbs der einzelnen Kassen untereinander diskutiert. Im Ergebnis wird die Auffassung vertreten, dass der MDK als Institution der Krankenversicherung solange unverzichtbar sein wird, wie eine sozial undiskriminierte, nach Maßgabe sozialer Lebenslagen und regionaler Bedingungen allgemein zugängliche und am individuellen Bedarf orientierte Versorgung für alle Bürger unabhängig von Geschlecht, Alter, Einkommen und ethnischer Zugehörigkeit als politisches Ziel hinreichend zum Konsens geführt werden kann. Vor allem diese Ziele machen eine unabhängige Institution notwendig, die (a) in den Sachfragen der medizinischen Versorgung individueller Patienten und (b) in den Fragen der Gestaltung von effektiven, d. h. an Zielen orientierten Versorgungsstrukturen und -prozessen professionell sozialmedizinisch und gesundheitswissenschaftlich und vor allem interessenunabhängig expertisefähig ist. Im Interesse der Mitglieder und der Versicherten müssen die Relationen zwischen den Aufgaben in der medizinischen Begutachtung bzw. Beratung einzelner Leistungsfälle und in der sozialmedizinischen Beratung der heranwachsenden und übergreifenden systembezogenen Problemstellungen für die Versicherten neu bestimmt werden. Die wichtigsten Gründe hierfür ergeben sich aus den Veränderungen der Eigentumsformen und der Eigentümerbeziehungen sowie den nachfolgenden sich neu etablierenden Interessengeflechten im Gesundheitssystem. Hierzu bedarf es der Weiterentwicklung eines rechtlichen Ordnungsrahmens, der den MDK in seiner unabhängigen, wettbewerbsneutralen und überregionalen Arbeitsfähigkeit stärkt und ihn als eine Institution der Mitglieder der Krankenversicherung schärfer profiliert und normiert.
Date: 2005
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