Rette sich, wer kann? Die Krise der gesetzlichen Rentenversicherung und die Privatisierung der Altersvorsorge
Thomas Bulmahn
Discussion Papers, Research Unit: Social Structure and Social Reporting from WZB Berlin Social Science Center
Abstract:
Auf die gesetzliche Rentenversicherung kommen in den nächsten Jahrzehnten enorme Belastungen zu. Immer weniger Beitragszahler müssen für immer mehr Rentenempfänger sorgen, Mit dem Rentenreformgesetz 1999 wurden deshalb einschneidende Leistungskürzungen beschlossen. Es ist jedoch noch offen, welche Vorhaben verwirklicht werden. Ebenfalls ungewiß ist, ob diese Maßnahmen ausreichen oder ob nicht weitere Einschnitte notwendig sein werden. Sicher ist nur, daß sich das Beitrags-Leistungs-Verhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung künftig verschlechtern wird. Die meisten Bundesbürger befürchten, den gewohnten Lebensstandard im Alter nicht mehr aufrechterhalten zu können und wollen deshalb zusätzlich privat vorsorgen. Die Unsicherheit über die Zukunft der Renten belebt das Geschäft der Banken und Versicherungen. Private Lebensversicherungen gehören gegenwärtig zu den wichtigsten Formen der privaten Altersvorsorge. Bisher vorliegende Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, daß die Mehrheit der privaten Haushalte eine oder mehrere Lebensversicherungen besitzt und daß es zwischen den sozialen Schichten keine größeren Unterschiede gibt. Die Absicherung im Alter ist jedoch in zunehmendem Maße eine Aufgabe der Individuen und nicht der Haushalte. Eigene Analysen auf der Basis des Mikrozensus 1995 haben ergeben, daß die Mehrheit der Bundesbürger keine private Lebensversicherung hat und daß Lebensversicherungen in den einzelnen Alters-, Berufs- und Einkommensgruppen in ganz unterschiedlichem Ausmaß verbreitet sind. Den größten Einfluß auf das Vorhandensein einer privaten Lebensversicherung hat die Höhe des Einkommens. Je kleiner das Einkommen ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, eine private Lebensversicherung zu besitzen. Doch vor allem die Bezieher kleinerer Einkommen müßten zusätzlich privat vorsorgen, weil ihre Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Rentenversicherung relativ gering ausfallen und sie vergleichsweise selten über eine betriebliche Altersvorsorge verfügen. Die Privatisierung der Altersvorsorge nach dem Motto Rette sich, wer kann verschärft die soziale Ungleichheit; sie läßt die Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft anwachsen und trägt zur weiteren Entsolidarisierung bei. Eine aktive Sozialpolitik, die wieder stärker an den Bedürfhissen der sozial Schwächeren ausgerichtet ist, sollte dem entgegenwirken. Im Zentrum einer solchen Politik müßten Maßnahmen stehen, die gezielt die unteren Einkommensgruppen entlasten und ihnen Gelegenheiten eröffnen, eine zusätzliche private Altersvorsorge aufzubauen.
Date: 1998
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