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Exportweltmeister Deutschland: Ist das deutsche Geschäftsmodell im Wandel?

Anke Mönnig (moennig@gws-os.com) and Marc Ingo Wolter (wolter@gws-os.com)
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Anke Mönnig: GWS - Institute of Economic Structures Research
Marc Ingo Wolter: GWS - Institute of Economic Structures Research

No 20-5, GWS Discussion Paper Series from GWS - Institute of Economic Structures Research

Abstract: Das deutsche Geschäftsmodell – so wie es seit der Jahrtausendwende ausgerichtet ist – basiert weitestgehend auf exportgetriebenem Wirtschaftswachstum. Ziemlich genau seit Anfang der 2000er Jahre hat sich die deutsche Leistungsbilanz relativ zum Bruttoinlandsprodukt stetig erhöht. Seit 2011 liegt der Anteil der Leistungsbilanz am Bruttoinlandsprodukt kontinuierlich über sechs Prozent, was von der EU als die Obergrenze für ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht definiert wird. Allerdings sinkt die Quote seit 2016 stetig ab. Zwar liegt sie weiterhin deutlich über der Obergrenze, es sind aber bereits Veränderungen zu erkennen, dass die starke außenwirtschaftliche Ausrichtung nachlässt. Eine hohe Exportabhängigkeit ist Fluch und Segen zugleich. In Zeiten prosperierenden globalen Wachstums wird die Binnenwirtschaft durch die zusätzliche Nachfrage aus dem Ausland gestützt. Es entstehen zusätzliche Jobs. Das gesamtwirtschaftliche Einkommen steigt und wird meist mehrheitlich im Inland auch wieder ausgegeben. Über den Kreislaufzusammenhang bewirkt eine steigende Exportnachfrage also auch eine höhere Inlandsnachfrage, weshalb auch weniger exportabhängige Branchen wie Teile des Dienstleistungsgewerbes profitieren. Dieser Zusammenhang gilt aber genauso, wenn die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen im Ausland zurückgeht – wenn bspw. eine globale Wirtschaftskrise ausbricht. Wie fallende, aneinandergereihte Dominosteine wirkt sich die sinkende Exportnachfrage negativ auf die Beschäftigung und die Wertschöpfung insgesamt aus. Die beschriebene Fluch-und-Segen-Seite einer starken Exportabhängigkeit eines Landes ist zunächst einmal das Problem des exportabhängigen Landes. Warum es auch für andere Länder ein Problem sein könnte, wenn ein Land sehr stark auf Exporte ausgerichtet ist, liegt in der Definitorik: Jedem Export eines Landes muss ein Import eines anderen Landes in gleicher Größe gegenüberstehen. Steigende Importe wiederum bedeuten für ein Land weniger Produktionsmöglichkeiten. Denn das, was importiert wird, wird ceteris paribus nicht im Inland hergestellt. Das wiederum geht zulasten heimischer Unternehmen, Arbeitsplätze und Einkommen. Insofern haben Handelspartner immer ein Interesse daran, dass die Importabhängigkeit vice versa nicht zu hoch wird und somit ist die Leistungsbilanzquote eines Landes nicht nur das Problem des exportierenden Landes, sondern auch der importierenden Länder. Daher strebt nicht nur die Europäische Kommission, sondern auch Deutschland selbst – niedergeschrieben im Stabilitätsgesetz von 1967 – neben Vollbeschäftigung, Preisstabilität und einem angemessenen Wirtschaftswachstum auch ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht an. Deswegen gibt es auch globale Regularien, wie sie bei der Welthandelsorganisation (WTO), in Freihandelsabkommen oder in Zollunionen formuliert werden. Und nicht zuletzt deswegen steht das exportbasierte Geschäftsmodell Deutschlands auch schon länger in internationaler Kritik: Nicht erst der US-Präsident Donald Trump hat die hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse kritisiert. Auch die vormalige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IMF) – Christine Lagarde – oder der französische Präsident Emmanuelle Macron haben sich in den letzten Jahren kritisch dazu geäußert. Zuletzt hat die Corona-Pandemie die Nachhaltigkeit der Exportabhängigkeit der deutschen Wirtschaft erneut zur Diskussion gestellt. Auch die Prognos AG sieht bereits das Ende der Globalisierung kommen und weist – angesichts der zu erwartenden negativen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft – auf die Notwendigkeit hin, ein neues Geschäftsmodell aufzubauen. Mehrere Fragen lassen sich daraus ableiten: Kann die deutsche Wirtschaft auch ohne (oder mit weniger) Exporte „überleben“? Wie viele und welche Jobs hängen direkt und indirekt an der Exportwirtschaft? Wer könnte „kompensieren“? Wie groß ist die Ansteckungsgefahr der exportorientierten Wirtschaft auf andere Branchen? Richtet sich die deutsche Ökonomie bereits auf eine neue Form des Wirtschaftens ein? Und welche Form des Wirtschaftens wird das sein? Dieses Diskussionspapier widmet sich vornehmlich zwei Fragen: 1. Wie exportabhängig ist die deutsche Wirtschaft und sind bereits Entwicklungen zu erkennen, die eine neue Form des Wirtschaftens andeuten? 2. Wie groß ist die Ansteckungsgefahr der Vorleistungen? Im Folgenden wird diesen beiden Fragen mittels Auswertungen unterschiedlicher Datensätze nachgegangen. Basierend auf den Ergebnissen werden Schlussfolgerungen gezogen.

Keywords: Exportabhängigkeit; Außenhandelsverflechtung; Vorleistungsstruktur (search for similar items in EconPapers)
JEL-codes: F14 F43 O11 (search for similar items in EconPapers)
Pages: 25 pages
Date: 2020
New Economics Papers: this item is included in nep-ger
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Page updated 2025-03-30
Handle: RePEc:gws:dpaper:20-5