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Entwicklungszusammenarbeit im Nahen Osten und in Nordafrika: Auch in konfliktbetroffenen Ländern neue Gesellschaftsverträge unterstützen

Mark Furness and Annabelle Houdret

No 7/2020, Analysen und Stellungnahmen from German Institute of Development and Sustainability (IDOS)

Abstract: Die Beziehungen zwischen den Staaten und Gesellschaften des Nahen Ostens und Nordafrikas (MENA) befinden sich auch fast ein Jahrzehnt nach den Aufständen von 2011 noch im Wandel. Die Revolten drückten eine weit verbreitete Ablehnung der damaligen Gesellschaftsverträge aus. Diese basierten auf der Umverteilung von Renteneinnahmen aus natürlichen Ressourcen, Transfers und Subventionen als 'Entschädigung' für die Duldung einer politisch und wirtschaftlich autoritären Regierungsweise. In verschiedenen Ländern der Region wie im Irak, in Libyen, in Syrien und im Jemen, aber auch in Algerien, im Libanon und in Palästina wurden die alten Gesellschaftsverträge durch Bürgerkriege und international geförderte Kriege zerstört, teilweise auch schon vor den Aufständen von 2011. Erodierte Gesellschaftsverträge haben die Konflikte in der MENA-Region verursacht - die Unterstützung neuer Gesellschaftsverträge - vor allem in den von Konflikten betroffenen Ländern - sollte daher ein zentrales Ziel der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) sein. Beim "Wiederaufbau" wird häufig nicht beachtet, dass Konflikte nicht mit Friedensabkommen enden, und dass die betroffenen Gesellschaften zur Vermeidung künftiger Gewalt mehr brauchen, als wieder hergestellte Infrastruktur, Institutionen und Investitionen des Privatsektors. Entwicklungsorganisationen sprechen in diesem Zusammenhang von "Resilienz2, um die politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Stabilität zu fördern, statt eine unkontrollierbare, revolutionäre Transformation zu riskieren. Im Namen der "Resilienz" wurden jedoch häufig nur kurzfristig bestimmte Akteure und Systeme unterstützt. EZ muss mehr leisten als Wiederaufbau und Resilienz, um dem Anspruch langfristiger Stabilität gerecht zu werden. Steht der Gesellschaftsvertrag im Fokus, kann die EZ mit Konfliktstaaten ein wichtiges Bindeglied zwischen Friedenssicherung, Wiederaufbau und längerfristiger sozioökonomischer und politischer Entwicklung sein - und langfristig nachhaltige Stabilität fördern. Die analytische 'Brille' des Gesellschaftsvertrags zeigt, was Geber vermeiden sollten, und verdeutlicht, worauf sich das Engagement in der Übergangszeit nach einem Bürgerkrieg konzentrieren sollte. Beispiele aus der Praxis in der MENA-Region legen nahe, dass Geber neue Gesellschaftsverträge unterstützen können, indem sie sich für (a) Stakeholder-Dialoge, (b) Governance und Reformen sowie (c) sozioökonomische Integration einsetzen. In Libyen hilft der sozioökonomische Dialog, eine wirtschaftliche Zukunftsvision für das Land entwickeln. Das Municipal Development Programme (MDP) in Palästina konzentriert sich auf die Verbesserung der Rechenschaftspflicht und der Leistungserbringung kommunaler Institutionen. Der marokkanische Rat für wirtschaftliche, soziale und Umweltangelegenheiten (CESE) zeigt auf, wie ehemals marginalisierte Gruppen aktiv einbezogen werden können. Diese drei positiven Beispiele zeigen, wie die Zusammenarbeit der gesellschaftlichen Gruppen in den MENA-Ländern gefördert werden kann. Sie verfolgen das Ziel, Entscheidungsprozesse auszuweiten und die Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft zu verbessern, und könnten mit externer Unterstützung auch für andere fragile Kontexte angepasst werden. Durch Initiativen dieser Art könnten die Geber einen größeren Beitrag zu nachhaltigen und langfristigen Friedens- und Staatsbildungsprozessen in konfliktbetroffenen MENA-Ländern leisten.

Date: 2020
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DOI: 10.23661/as7.2020

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