Eindämmung des "Einfriereffekts" bei der Europäischen Gesellschaft (SE): Rechtliche Zulässigkeit gesetzlicher Maßnahmen bei SE und grenzüberschreitender Verschmelzung
Rüdiger Krause
No 77, Mitbestimmungsreport from Hans-Böckler-Stiftung, Düsseldorf
Abstract:
Der mögliche "Einfriereffekt" bei der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) stellt eine Bedrohung für die Mitbestimmung dar. Wird ein deutsches Unternehmen noch vor dem Erreichen der maßgeblichen Schwellenwerte des Drittelbeteiligungsgetzes (500 Beschäftigte) bzw. des Mitbestimmungsgesetzes (2000 Beschäftigte) in eine SE umstrukturiert, so verbleibt es grundsätzlich bei der Mitbestimmungsfreiheit bzw. der Drittelbeteiligung, auch wenn die Schwellenwerte später durch Belegschaftswachstum überschritten werden. Eine Weiterentwicklung der nationalen Vorschriften für die Arbeitnehmerbeteiligung in der SE zur Eindämmung des "Einfriereffekts" muss sich an den Vorgaben der SE-Richtlinie messen lassen. Europarechtlich möglich und sinnvoll ist eine Konkretisierung des speziellen Missbrauchsverbots im deutschen SE-Recht. Unproblematisch erscheint eine gesetzliche Vermutung für einen Missbrauch, die dann eingreift, wenn innerhalb von vier Jahren nach Gründung der SE die Schwellenwerte der nationalen Mitbestimmungsgesetze überschritten werden. Auch eine gesetzliche Fiktion des Missbrauchs wäre in diesem Fall europarechtlich zulässig. Werden die Schwellenwerte erst nach einer längeren Zeitspanne überschritten, müsste mangels Vermutung ein Missbrauch dargetan werden. Hierfür kann der Gesetzgeber Anhaltspunkte schaffen, insbesondere z. B., dass Beschäftigung und Wertschöpfung im Wesentlichen auf Deutschland beschränkt sind ("Inlands-SE"). Als Rechtsfolge eines Missbrauchs sollten Neuverhandlungen mit einer Auffangregelung vorgesehen werden, die sich an der aktuellen Größe des Unternehmens orientiert. Es stellt keine unzulässige Rückwirkung dar, eine solche neue Regelung auf bereits bestehende SE anzuwenden. Soweit es um die Eindämmung des "Einfriereffekts" bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen geht, kann sich der deutsche Gesetzgeber mangels einer speziellen Richtlinienbestimmung nur auf die allgemeinen unionsrechtlichen Grundsätze zum Rechtsmissbrauch stützen.
Date: 2023
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