Tarifbindung der Beschäftigten in Deutschland: Eine Auswertung des Sozioökonomischen Panels
Helena Schneider and
Sandra Vogel
No 15/2018, IW-Reports from Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute
Abstract:
Auswertungen auf Grundlage des Sozioökonomischen Panels zeigen, dass gut 53 Prozent der Beschäftigten in Deutschland nach einem Flächen-, Haustarifvertrag oder außertariflich bezahlt werden. Der Anteil der Arbeitnehmer, die von tarifvertraglichen Regelungen profitieren, steigt sogar auf über 63 Prozent an, wenn man Beschäftigte mit am Flächentarif orientierten Verdiens-ten mit zu dieser Gruppe zählt. Dabei sind Männer und Frauen sowie Arbeitnehmer aller Alters-klassen ähnlich gut durch tariflich geregelte Arbeitsbedingungen abgedeckt. Auch Befristungen finden sich in ähnlichem Umfang unter nach Tarifvertrag bezahlten sowie tarifungebundenen Arbeitnehmern. Dennoch gibt es Bereiche, in denen Tarifbindung auffällig selten zu finden ist. So werden nur 29 Prozent der Arbeitnehmer in geringfügiger Beschäftigung nach einem Tarifvertrag oder außertariflich bezahlt. Zudem weisen einige Branchen sehr geringe Tarifbindungsquoten auf. Das Gastgewerbe und der Bereich Information und Kommunikation fallen mit Tarifbindungsquoten von unter 40 Prozent gegenüber Bereichen wie Erziehung und Unterricht (71 Prozent) oder dem Bergbau und der Energie- und Wasserversorgung (75 Prozent) stark ab. Außerdem scheint ein strukturelles Organisationsproblem bei kleinen und mittleren Unternehmen zu bestehen. Während die Tarifbindungsquote unter den Befragten aus Unternehmen mit 2.000 oder mehr Mitarbeitern bei 73 Prozent liegt, geben nur knapp 26 Prozent der Befragten aus Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten an, dass ihr Unternehmen flächen- oder haus-tarifgebunden ist. Wenig überraschend ist, dass in Betrieben mit einem Betriebsrat deutlich mehr Beschäftigte nach Tarifvertrag bezahlt werden als in Betrieben ohne Betriebsrat. Wer in einem tarifgebundenen Betrieb angestellt ist, bleibt im Durchschnitt länger als jemand, der in einem nicht-tarifgebundenen Betrieb arbeitet. Die Gewerkschaften befinden sich dabei zunehmend in einem Dilemma: Die Tarifbindung ist seit Jahren rückläufig und neue Mitglieder müssen zur Stärkung der gewerkschaftlichen Basis gewonnen werden. Ein Tarifvertrag muss daher potenziellen neuen Mitgliedern Vorteile beispielsweise in Form von Lohnsteigerungen oder Arbeitszeitmodellen bieten, die ihren Wünschen entsprechen. Zu hohe Tarifabschlüsse drängen zugleich jedoch weniger starke Unternehmen aus der Tarifbindung. Gewerkschaften müssen entsprechend Tarifverträge verhandeln, die für Arbeitnehmer und Unternehmen attraktiv sind, um die Tarifbindung in Deutschland zu stärken.
Date: 2018
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