Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze - Einführung eines Bürgergeldes (Bürgergeld-Gesetz)
Holger Schäfer
No 58/2022, IW-Reports from Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute
Abstract:
[Allgemeine Bewertung] In ihrem Koalitionsvertrag haben sich die Regierungsparteien darauf verständigt, die Grundsicherung für Arbeitsuchende durch eine als "Bürgergeld" bezeichnete Leistung zu ersetzen, die die Würde des Einzelnen achtet, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigt und "digital und unkompliziert" zugänglich sein solle (SPD/Bündnis 90/Die Grünen/FDP, 2021, 59). Ein Ziel des Gesetzes ist es, "mehr Chancen auf neue Perspektiven" und mehr "soziale Sicherheit" zu gewährleisten sowie die "Chancengerechtigkeit" zu erhöhen (BMAS, 2022, 1). Weitgehend offen bleibt, wo konkret Defizite im geltenden Recht gesehen werden. Inwieweit die bestehende Grundsicherung in den genannten Punkten Reformbedarf aufweist, wird somit kaum thematisiert. Die Unantastbarkeit der Würde des Menschen sowie die Sicherstellung eines Existenzminimums, das zur Teilhabe befähigt, ist auch schon Ziel des bestehenden Systems. Ein weiteres Argument lautet, dass sich die Arbeitsmarktlage seit Einführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende 2005 zum Positiven gewandelt hätte - wovon Langzeitarbeitslose "oft" nicht profitieren konnten (BMAS, 2022, 2). Dies ist empirisch falsifizierbar. Im Zeitraum 2005 bis 2021 sank die Anzahl der Kurzzeitarbeitslosen nahezu im Gleichschritt mit der Anzahl der Langzeitarbeitslosen. Lediglich im Nachgang der Corona-Krise erweist sich die Langzeitarbeitslosigkeit als beständiger. Das Bürgergeld stellt gegenüber dem Arbeitslosengeld 2 zwar keinen Systemwechsel dar, verändert den Charakter des Systems aber in nennenswertem Ausmaß - in wichtigen Punkten in die falsche Richtung. Wesentliche Reformschritte vermitteln neu in das System eintretenden Hilfebedürftigen den Eindruck, dass sie sich bei ihrer Arbeitsuche zunächst Zeit lassen und erst einmal in aller Ruhe im System einrichten können. Dies kann die Chancen einer zügigen Rückkehr in Beschäftigung beeinträchtigen - zumal viele Betroffene bereits längere Zeit beschäftigungslos sind und ohnehin schon Hürden für ihre Wiedereingliederung bestehen.
Date: 2022
New Economics Papers: this item is included in nep-ger
Note: Bundestags-Drucksache 20/3873 und weitere Anträge.
References: Add references at CitEc
Citations:
Downloads: (external link)
https://www.econstor.eu/bitstream/10419/266239/1/1822143608.pdf (application/pdf)
Related works:
This item may be available elsewhere in EconPapers: Search for items with the same title.
Export reference: BibTeX
RIS (EndNote, ProCite, RefMan)
HTML/Text
Persistent link: https://EconPapers.repec.org/RePEc:zbw:iwkrep:582022
Access Statistics for this paper
More papers in IW-Reports from Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute Contact information at EDIRC.
Bibliographic data for series maintained by ZBW - Leibniz Information Centre for Economics ().