Taugt die Institutionenökonomie als moderne historische Methode? Zur Zeitstruktur von Institutionen
Birger P. Priddat
No 31/2015, Wittener Diskussionspapiere zu alten und neuen Fragen der Wirtschaftswissenschaft from Witten/Herdecke University, Faculty of Management and Economics
Abstract:
Aus dem Problem des Institutionstransfers (der englischen Ökonomik auf deutsche Verhältnisse) entstand im frühen 19. Jahrhundert die historische Methode – und die erste Institutionenökonomie. Was die englische Politische Ökonomik als allgemeingültige Theorie vorschlug, liess sich auf deutsche Verhältnisse nicht einfach übertragen; man sah sich genötigt, eine eigene Methode zu erfinden (Herrmann-Pillath 2014: 86; Priddat 1995). Wenn wir den Methodenstreit Ende des 19. Jahrhunderts erinnern, besteht die historische Methode Schmollers et al. in einer empirisch-konstellativen Analyse wirtschaftlicher Prozesse und Institutionen wie ihrer Verschränkungen im Geschichtsverlauf, die es verbietet, abstrakte bzw. universale Gesetzmäßigkeiten aufzustellen (im Kontrast zu Carl Menger). Ökonomische Prozesse werden kontextuell interpretiert, d.h. historisch je different je nach Gesellschaftsformation, politischen Bedingungen und kulturellen Einbettungen wie Umbrüchen. D.C. North’s moderne Institutionenökonomik, obgleich als Theorie geschichtlicher pfadabhängiger Wirtschaftsentwicklungen ausgewiesen, gehört eindeutig in die ‚abstrakte’ Richtung, wenn wir die Kriterien des ‚Methodenstreits’ zu Rate ziehen: weitaus mehr ‚mengerian than schmollerian‘. North unterscheidet die Stadien der Wirtschaftsformen nach ihren transaktionskostensenkenden Institutionen. Die North’sche Variante ist eine Strukturdynamiktheorie, eher noch eine Metageschichte, aber keine historische Methode, wie Francesco Boldizzoni und Joel Mokyr herausarbeiten und kritisieren (Boldozzoni 2011; Mokyr 2015). Aus der Sicht der Wirtschaftsgeschichte hat North’s Theorie wenig mit einer Geschichtstheorie zu tun, sondern mit einer Metastruktur, die ein Institutionen/Anreiz/Markteffizienz-Schema universal durch die Geschichte legt. Die Kontingenz, Modulation und z.T. Andersartigkeit der tatsächlichen geschichtlichen Prozesse der Wirtschaftsentwicklung bleibt ausgeblendet (vgl. die Studien in Greif / Kiesling / Nye 2015). Anders inzwischen bei Aoki, der das methodische Problem als Kontextgebundenheit aufbereitet (Herrmann-Pillath 2014; Lingg 2015); ebenso bei Greif (Greif 2006: chap. IV.11). Der Umschwung auf eine Kontextanalyse zeigt, dass die Theorie vorsichtiger wird in der Anwendung von Schemata: welche gesellschaftliche und geschichtliche Situation analysiert man für welche Institutionen? Was sind endogene, was exogene Einflüsse? Das Verhältnis von Institutionen und (geschichtlichem) Kontext zu betrachten ist ein anderes Unterfangen als die Institutionen als eigenständigen ‚historical process’ zu entwerfen. Wir haben es mit verschiedenen Geschichts- und Prozeßkonzeptionen zu tun.
Date: 2015
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