Nach 2015: wie lassen sich die Millennium Development Goals mit den in Rio beschlossenen Sustainable Development Goals verbinden?
Markus Loewe
No 14/2012, Analysen und Stellungnahmen from German Institute of Development and Sustainability (IDOS)
Abstract:
Seit zwei Jahrzehnten wird die internationale Entwicklungsdebatte von zwei Strömungen bestimmt, die auf den ersten Blick eine ähnliche Stoßrichtung zu nehmen scheinen, sich bei genauerem Hinsehen aber hinsichtlich Schwerpunktsetzung und zugrunde liegender Philosophie unterscheiden. Zum einen handelt es sich dabei um die auf die Entwicklungsländer fokussierende Agenda der Bekämpfung von Armut mit ihren unterschiedlichen Dimensionen (Mangel an Einkommen, Bildung, Wasser, politischer Partizipation etc.), die sich insbesondere in den Millennium Development Goals (MDGs) niedergeschlagen hat. Zum anderen handelt es sich um die Nachhaltigkeitsagenda, die auf dem sog. Erdgipfel 1992 in Rio de Janeiro Popularität erlangte und im Sommer 2012 mit den Beschlüssen von Rio+20 den MDGs die Idee von sog. Sustainable Development Goals (SDGs) gegenüberstellte. Demnächst nehmen zwei Arbeitsgruppen der Vereinten Nationen unabhängig voneinander ihre Arbeit auf: Eine wird diskutieren, ob es nach Ende des Referenzzeitraums der MDGs 2015 wieder eine globale Entwicklungsagenda geben soll und wie diese aussehen könnte. Die andere soll eine Liste möglicher SDGs zusammenstellen. Die Frage ist, wie sinnvoll es ist, wenn aus den Prozessen am Ende evtl. zwei unterschiedliche Zielsysysteme resultieren bzw. ob sich die Armuts- und die Nachhaltigkeitsagenda nicht doch miteinander verbinden lassen. Der Überlappungsbereich der beiden Agenden ist breit. Im Gegensatz zur MDG-Agenda wird Armut von den Befürwortern der SDGs aber nur als eines von zahlreichen Weltproblemen gesehen. Darum befürchten die Befürworter der MDGs, dass die Bekämpfung von Armut in einer SDGAgenda nur noch nachgeordnete Bedeutung haben könnte, während die Anhänger der SDGs kritisieren, dass die MDGs ein zu enges Entwicklungsverständnis hätten und zu sehr auf schnelle anstelle von sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Erfolgen aus seien. Beide Sichtweisen haben ihre Berechtigung; darum gilt es, eine Lösung zu finden, die beide berücksichtigt und zugleich den Interessen aller Länder der Welt gerecht wird. Hierfür hilft es, sich einen eher technischen Aspekt zu vergegenwärtigen: Die meisten MDGs beziehen sich auf Verbesserungen im Wohlbefinden von Individuen; es handelt sich also um Finalziele der menschlichen Entwicklung (Bildung, Gesundheit, Zugang zu Wasser), die auf der Mikro- Ebene gemessen werden. Die SDG-Agenda enthält ebenfalls einige solcher Finalziele (saubere Luft, Biodiversität), aber auch Ziele, die sich auf den Erhalt bzw. Aufbau von globalen öffentlichen Gütern (Begrenzung des Klimawandels, Finanzmarktstabilität) beziehen und daher nur mit Makro-Indikatoren verfolgt werden können. Letztere sind keine Finalziele, sondern Voraussetzungen von nachhaltiger Entwicklung, die unter Konsistenz-Gesichtspunkten nicht in eine Reihe mit Finalzielen passen. Hierzu gehören Ziele, die bereits jetzt im MDG8 enthalten sind (z. B. faires Welthandels- und -finanzsystem). Stellt man nun zwei separate, aber aufeinander Bezug nehmende Agenden für die Zeit nach 2015 zusammen – von denen sich eine auf Aspekte der menschlichen Entwicklung, die andere auf globale öffentliche Güter bezieht – so ließen sich dadurch die gravierendsten Bedenken der Anhänger reiner MDGs und reiner SDGs auffangen.
Keywords: Regionale + globale + transnationale Governance; Aufstrebende Mächte; Armut und Ungleichheit (search for similar items in EconPapers)
Date: 2012
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