Die Normalisierung von Aids in Westeuropa: Der Politik-Zyklus am Beispiel einer Infektionskrankheit
Rolf Rosenbrock,
Doris Schaeffer,
Francoise Dubois-Arber,
Martin Moers,
Patrice Pinell and
Michel Setbon
No P 99-201, Discussion Papers, Research Group Public Health from WZB Berlin Social Science Center
Abstract:
Das Auftreten von Aids hat in allen westeuropäischen Ländern zu exzeptionellen Innovationen in Prävention, Krankenversorgung, Gesundheitspolitik und Bürgerrechtsfragen geführt. Diese Ausnahmen vom normalen Verlauf der Gesundheitspolitik erklären sich vor allem daraus, daß neben einer gesundheitlichen Katastrophe infolge von Aids auch Zivilisationsbrüche auf dem Gebiet der Bürgerrechte befürchtet wurden. Dies brachte eine trotz großer nationaler Unterschiede im Grundmuster ähnliche „exceptionalist alliance“ aus beteiligten Gesundheitsberufen, sozialen Bewegungen und Betroffenen hervor, die den mangels wirksamer Therapien von der Medizin nicht besetzten Handlungsraum produktiv nutzte. Mit dem Ausbleiben der Katastrophe, Ermüdungserscheinungen der „exceptionalist alliance“ und zunehmenden Therapiemöglichkeiten der Medizin geht der ‘exceptionalism' in Europa jedoch schrittweise zu Ende. In diesem Prozeß werden bei national unterschiedlichen Entwicklungsmustern vier Phasen unterschieden: Circa 1981 - 1986: Entstehung des ‘exceptionalism'. Hierzu werden die Ursachen des ‘exceptionalism' untersucht. Circa 1986 - 1991: Praxis und Konsolidierung des ‘exceptionalism'. Dargestellt werden sowohl das Policy-Modell des ‘exceptionalism' als auch länderspezifische Konfigurationen der Polities und Politics, die zu unterschiedlichen Inhalten der politischen Entscheidungsprozesse (Policies) in bezug auf Aids führten. Circa 1991 - 1996: Auflösung des ‘exceptionalism' und erste Anzeichen der Normalisierung. Untersucht werden die Gründe des Normalisierungsprozesses. Seit 1996: Normalisierung, Normalität. Darstellung des veränderten Umgangs mit HIV und Aids. Dazu werden Beispiele aus den Bereichen Krankenversorgung, Primärprävention und Drogenpolitik betrachtet. Es wird untersucht, welche gesundheitspolitischen Innovationen der ‘Aids-exceptionalism' in Westeuropa hervorbrachte und auf welche Risiken und Chancen diese Innovationen im Zuge der Normalisierung treffen. Es werden drei mögliche Entwicklungspfade identifiziert: Stabilisierung, Generalisierung und Rückwärtsentwicklung. Die Chancen, in Zusammenhang mit Aids entwickelte Innovationen für die Modernisierung der Gesundheitspolitik auch für andere Felder der Prävention und der Krankenversorgung zu nutzen, variieren länderspezifisch. In welchem Umfang ‘Aids-exceptionalism' gesundheitspolitische Innovationen auch in anderen Bereichen anstoßen kann, hängt letztlich vom jeweils erreichten Grad der Institutionalisierung des ‘exceptionalism' und der Entfernung dieser Neuerungen vom konventionellen medizinisch-therapeutischen Geschehen ab. Der Beitrag der europäischen Länder zur Eindämmung der globalen Aids-Krise ist unzureichend.
Date: 1999
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