Das Schweizer Modell der Krankenversicherung: Zu den Auswirkungen der Reform von 1996
Thomas Gerlinger
Discussion Papers, Research Group Public Health from WZB Berlin Social Science Center
Abstract:
Das mit der Krankenversicherungsreform 1996 in der Schweiz geschaffene System stößt in der deutschen Gesundheitsreformdebatte auf große Aufmerksamkeit. Die vorliegende Untersuchung zeichnet die wichtigsten Merkmale des Schweizer Modells nach und fragt, inwiefern die mit der Reform verfolgten Ziele erreicht worden sind. Dabei wird deutlich, dass die Bilanz überwiegend negativ ausfällt. Das Krankenversi-cherungsgesetz hat zwar insofern zu einer Stärkung der Solidarität in der schweizeri-schen Krankenversicherung beigetragen, als es zuvor vorhandene Lücken im Leis-tungsrecht geschlossen und den Krankenkassen bisherige Möglichkeiten zur Vermei-dung von Leistungspflichten für chronisch Kranke genommen hat. Ungeachtet des-sen sind die Krankenbehandlungskosten im Vergleich zu anderen wohlhabenden Ländern außerordentlich stark privatisiert. Die Privathaushalte tragen etwa zwei Drit-tel aller Gesundheitsausgaben, und dies mit steigender Tendenz. Insbesondere für sozial Schwache, aber auch für Versicherte mit Einkommen knapp oberhalb der staatlichen Subventionsgrenze können sehr hohe finanzielle Belastungen entstehen. Gleichzeitig ist die Bedeutung innovativer Versorgungsformen, also von Health Main-tenance Organisations und Hausarztnetzen, im Versorgungssystem bisher deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Auch das Ziel der Ausgabendämpfung ist klar verfehlt worden, weist die Schweiz doch anhaltend hohe Steigerungsraten bei den Gesundheitsausgaben und insbesondere bei den Kopfprämien auf. Offenkundig hat der hohe Stellenwert der individuellen Kostenbeteiligung nicht zu einer Begren-zung der Krankenversicherungsausgaben geführt, sondern geht mit hohen Ausga-bensteigerungen einher. Diese wiederum sind vor allem auf fortbestehende Struktur-probleme im Finanzierungs- und Versorgungssystem zurückzuführen. Die Schweizer Erfahrungen mit der Reform der Krankenversicherung sind nicht zuletzt ein Hinweis darauf, dass es für eine wirkungsvolle Kostendämpfung und eine Durchsetzung inno-vativer Versorgungsformen einer stärkeren Einflussnahme der Finanzierungsträger auf das medizinische Leistungsgeschehen bedarf.
Date: 2003
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