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Neustart der Industrie unter dem Einfluss von Covid-19: Wie bereit ist die globale Lieferkette?

Holger Görg, Saskia Mösle, Thieß Petersen, Hartmut Egger (), Kemal Kilic, Dalia Marin, Lisandra Flach, Rahel Aichele, Martin Braml, Ralph Wiechers, Thomas Steinwachs, Morris Hosseini, Michael Baur, Kai Joachimsen and Ronald Bogaschewsky
Authors registered in the RePEc Author Service: Saskia Meuchelböck

ifo Schnelldienst, 2020, vol. 73, issue 05, 03-34

Abstract: Holger Görg und Saskia Mösle, Institut für Weltwirtschaft, Kiel, halten ein komplettes Verschwinden von globalen Wertschöpfungsketten für unwahrscheinlich. Anzunehmen sei eher, dass Unternehmen die Kosten von Produktionsverlagerungen ins Ausland im Vergleich zur eigenen Herstellung sowie die Just-in-time-Produktion gegenüber Lagerhaltung neu bewerten werden. Sollte es von Seiten der Unternehmen zu einer Verkürzung oder Regionalisierung von Lieferketten kommen, hätte dies negative Effekte auf die wirtschaftliche Entwicklung von Schwellen- und Entwicklungsländern. Thieß Petersen, Bertelsmann Stiftung, geht davon aus, dass viele Unternehmen zukünftig stärker darauf achten werden, ihre Versorgung mit Vorleistungen nicht nur unter Effizienzaspekten zu planen, sondern Risikoaspekte stärker zu berücksichtigen. Ein Zielkonflikt zwischen Effizienz und Resilienz könnte durch eine verstärkte Relokalisierung der Produktion – mit vermehrtem Einsatz digitaler Produktionstechnologien, allen voran der 3D-Drucktechnologie – abgeschwächt werden. Hartmut Egger, Universität Bayreuth, erwartet nicht, dass der Rückbau globaler und die Stärkung europäischer oder nationaler Lieferketten von Vorteil für Deutschland sein würden. Vielmehr sollten die Lagerhaltung ausgebaut und die Just-in-time-Produktion reduziert werden. Dies sei für eine Risikoverminderung zielführender als ein „von Aktionismus getriebener Rückbau globaler Lieferketten“. Kemal Kilic, LMU, und Dalia Marin, TUM, führen derzeit Untersuchungen durch, die zeigen, dass die zunehmende Unsicherheit in der Weltwirtschaft aufgrund des Coronavirus Unternehmen dazu veranlasst, ihr Geschäftsmodell globaler Lieferketten neu zu bewerten. Die Unternehmen beschleunigen die Einführung von Robotern in reichen Ländern, was zu einer Renaissance der Industrieproduktion in reichen Industrieländern führt. Lisandra Flach, Rahel Aichele und Martin Braml, ifo Institut, stellen den Status quo der internationalen Verflechtungen dar. Etwa 12% der weltweiten und 17% der deutschen Wertschöpfung finden über globale Wertschöpfungsketten statt. Für Deutschland nimmt das Produktionsnetzwerk Europa eine überragende Rolle ein, d.h. die deutschen Wertschöpfungsketten sind vor allem regional geprägt. Für den wirtschaftlichen Neustart nach der Pandemie-Bekämpfung bedeutet dies, dass ein freier Warenverkehr innerhalb Europas essentiell ist. Ralph Wiechers und Thomas Steinwachs, VDMA, verweisen auf die starke Abhängigkeit des Maschinen- und Anlagenbaus in Deutschland von internationalen Zulieferern. Aber gerade die Globalisierung berge großes Potenzial, an den Erkenntnissen dieser Krise zu wachsen und resilientere Strukturen für die Zukunft zu schaffen. Morris Hosseini und Michael Baur, Roland Berger GmbH, analysieren die Situation der weltweiten Supply Chains für den Bereich der pharmazeutischen Produktion. Ihr Ergebnis Zahlreiche Wirkstoffe für Arzneimittel werden heute fast ausschließlich in China hergestellt. Eine Rückkehr in eine protektionistische Handelspolitik und das nationalstaatliche Autarkiedenken seien aber das falsche Signal. Die globale Arbeitsteilung habe viele Vorteile, aber sie verweise auch auf eine strategische Frage: Welche Güter sind für unsere Versorgung strategisch unverzichtbar und sollten zu einem bestimmten Anteil eben auch hierzulande produziert werden. Kai Joachimsen, Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI), sieht eine dauerhafte Lösung zur Vermeidung von Lieferengpässen bei Medikamenten in einer verlässlichen und zulassungskonformen Produktion in Deutschland oder Europa. Ronald Bogaschewsky, Universität Würzburg, befürchtet, dass die globalen Lieferketten, so wie sie vor der Coronakrise existiert haben, Schritt für Schritt wieder in Gang kommen und die bisherigen Strukturen und Prozesse reaktiviert werden. Und er stellt die Frage: „Wollen wir wirklich die alten (Lieferketten) wiederhaben?

Keywords: Epidemie; Auslandsverlagerung; Lieferkette; Internationale Arbeitsteilung; Internationale Produktion; Betriebliche Standortwahl; Betriebliche Wertschöpfung; Globalisierung (search for similar items in EconPapers)
JEL-codes: F23 F60 L23 (search for similar items in EconPapers)
Date: 2020
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