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Gemeindefinanzen im Korsett der europäischen Steuerungsarchitektur

Peter Biwald and Bruno Rossmann

Wirtschaft und Gesellschaft - WuG, 2012, vol. 38, issue 3, 505-548

Abstract: Die sich nach der Pleite der Lehman Brothers verschärfende Finanz- und Wirtschaftskrise führte zu einer neuen europäischen Steuerungsarchitektur, die mit fünf Verordnungen und einer Richtlinie zur Verschärfung der Überwachung und Durchsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts und zu einem neuen Verfahren bei makroökonomischen Ungleichgewichten auf EU-Ebene führten. Im Österreichischen Stabilitätspakt 2012 wurde diese neoliberal ausgerichtete Steuerung faktisch übernommen. Die Gemeindefinanzen sind aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009/2010 eingebrochen, wobei die Ursachen auch in landesinternen Faktoren liegen. So sind die laufenden Transferzahlungen der Gemeinden an Träger öffentlichen Rechts (insbesondere für Krankenanstalten und Sozialhilfe an die Länder) in den letzten fünf Jahren stärker gestiegen als die Ertragsanteile aus gemeinschaftlichen Bundesabgaben. Der Überschuss der laufenden Gebarung und damit die Investitionskraft sind folglich zurückgegangen und die Schulden weiterhin gestiegen. In den nächsten Jahren ist bestenfalls eine Stabilisierung auf einem Niveau, das ein Drittel unter den Werten von 2008 und davor liegt, zu erwarten. Das ist auf strukturelle Faktoren des Finanzausgleichs, den neuerlichen Einbruch des Wirtschaftswachstums und die restriktive Fiskalpolitik zur Erreichung strukturell ausgeglichener Haushalte (Schuldenbremse) zurückzuführen. Die Probleme, Herausforderungen wie auch Handlungsnotwendigkeiten der Gemeindefinanzen liegen insbesondere in einer einseitigen Zielausrichtung im österreichischen Finanzausgleich - der Ressourcenausgleich hat Vorrang vor dem Lastenausgleich. Weiters führt die Transferpolitik nicht nur zu einer Umverteilung von den Gemeinden zu den Ländern (2011: rund 1,7 Mrd. Euro), sondern auch von den finanzstarken zu den finanzschwachen Gemeinden. Dies geschieht in einem Ausmaß, dass die kleineren, in der Regel finanzschwachen Gemeinden nach dem Finanzausgleich über mehr Mittel verfügen, als die größeren Gemeinden. Damit werden die kleinteiligen Gemeindestrukturen abgesichert und die höheren Ausgaben der Gemeinden bis 1.000 Einwohner (ein Viertel der 2.356 Gemeinden) finanziert. Der Reformbedarf in der Gemeindefinanzierung erstreckt sich von der Reform des Transferregimes im Sinne einer Vereinfachung und mehr Verteilungsgerechtigkeit über eine Gemeindestrukturreform bis zum Ausbau der Gemeindeabgaben (etwa der Grundsteuer) zur Stärkung der Gemeindeautonomie. Damit verbunden ist eine grundsätzliche Reform des Finanzausgleichs in Richtung einer verstärkten Ziel- und Aufgabenorientierung.

Date: 2012
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