Energie- und Klimaszenarien gehen paradoxerweise von einem starken Ausbau der Atomenergie aus
Christian von Hirschhausen,
Björn Steigerwald,
Franziska Hoffart,
Claudia Kemfert,
Jens Weibezahn and
Alexander Wimmers
DIW Wochenbericht, 2023, vol. 90, issue 44, 609-617
Abstract:
Die meisten Klimaszenarien internationaler Organisationen und der Forschung beinhalten einen erheblichen Ausbau der Atomenergie. Beispielsweise steigt die Stromerzeugung aus Atomenergie im Durchschnitt der im Sechsten Sachstandbericht des Weltklimarates (IPCC) erhobenen Szenarien von derzeit knapp 3 000 Terawattstunden auf über 6 000 Terawattstunden im Jahr 2050 und auf über 12 000 Terawattstunden im Jahr 2100. Diese Verdopplung bis 2050 beziehungsweise Vervierfachung bis 2100 der Atomstromproduktion widerspricht den technischen und ökonomischen Realitäten. Neu errichtete Kernkraftwerke waren zu keiner Zeit wettbewerbsfähig und werden es auf absehbare Zeit auch nicht werden. Dieser Widerspruch kann als Atomenergie-Szenarien-Paradox bezeichnet werden und lässt sich durch eine Reihe politökonomischer, institutioneller und geopolitischer Faktoren erklären. Insbesondere die enge Verbindung zwischen militärischer und kommerzieller Nutzung von Atomenergie sowie dem Interesse der Atomwirtschaft und den dazu gehörigen Organisationen an der Selbsterhaltung spielen hierbei eine Rolle. Die Szenarien müssen in Bezug auf Annahmen und Modelllogik kritisch hinterfragt werden. Es besteht unter anderem die Gefahr, erhebliche öffentliche und private Gelder in die Entwicklung von Technologien zur kommerziellen Nutzung von Atomenergie zu investieren, obwohl von anderen Technologien, insbesondere erneuerbaren Energien, ein wesentlich besseres Kosten-Leistungsverhältnis und geringere ökonomische, technische und militärische Risiken zu erwarten sind. Angesichts der Dringlichkeit des Klimaschutzes ist es problematisch, weiterhin personelle und finanzielle Ressourcen in Atomenergie zu lenken.
Keywords: nuclear power; scenarios; climate policy; plutonium (search for similar items in EconPapers)
JEL-codes: L51 L94 Q48 (search for similar items in EconPapers)
Date: 2023
References: Add references at CitEc
Citations:
Downloads: (external link)
https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.884460.de/23-44-1.pdf (application/pdf)
Related works:
This item may be available elsewhere in EconPapers: Search for items with the same title.
Export reference: BibTeX
RIS (EndNote, ProCite, RefMan)
HTML/Text
Persistent link: https://EconPapers.repec.org/RePEc:diw:diwwob:90-44-1
Access Statistics for this article
DIW Wochenbericht is currently edited by Tomaso Duso, Marcel Fratzscher, Peter Haan, Claudia Kemfert, Alexander Kritikos, Alexander Kriwoluzky, Stefan Liebig, Lukas Menkhoff, Karsten Neuhoff, Carsten Schröder, Katharina Wrohlich and Sabine Fiedler
More articles in DIW Wochenbericht from DIW Berlin, German Institute for Economic Research Contact information at EDIRC.
Bibliographic data for series maintained by Bibliothek ().