Trumps Liberation Day: Ein Epochenbruch. Eine kurze ökonomische und handelspolitische Bewertung
Galina Kolev-Schaefer,
Jürgen Matthes and
Samina Sultan
No 17/2025, IW-Reports from Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute
Abstract:
Donald Trump zettelt mit seinem "Liberation Day" und den verkündeten reziproken Zöllen einen globalen Handelskrieg an, der allen schaden wird. Für Deutschland könnten sich die Einbußen bei der Wirtschaftsleistung, durch die am 2. April 2025 angekündigten US-Strafzölle über vier Jahre gemäß Simulationsrechnungen mit dem Weltwirtschaftsmodell von Oxford Economics auf etwa 200 Milliarden Euro summieren. Das sind rund 1,2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung im Jahresdurchschnitt für den Zeitraum 2025 bis 2028. Sollten die Handelspartner jedoch mit ähnlichen Maßnahmen reagieren, so könnten die Kosten auf insgesamt etwa 290 Milliarden Euro oder jahresdurchschnittlich 1,6 Prozent des BIP jährlich steigen. Für die EU belaufen sich die kumulierten Kosten über vier Jahre auf 780 Milliarden Euro beziehungsweise 1,1 Billionen Euro - je nach Szenario. Noch höher fallen die Auswirkungen der verabschiedeten Zölle in relativer Betrachtung für Entwicklungs- und Schwellenländer aus. So dürfte Vietnam Einbußen in Höhe von jahresdurchschnittlich 5,2 Prozent des BIP in den vier Jahren bis 2028 erfahren, wenn es zu keinen Vergeltungsmaßnahmen kommt, oder jahresdurchschnittlich 6,3 Prozent im Szenario mit Vergeltungszöllen. Es wurde dabei angenommen, dass die reziproken Zölle länderspezifisch für alle Einfuhren in die USA gelten, Ausnahmen für einzelne Produkte mit abweichenden Straffzöllen wurden somit nicht in den Simulationen berücksichtigt. Die angekündigten reziproken Zölle sind für 90 Tage ausgesetzt, doch die Unsicherheit bleibt hoch und ist Gift für Investitionen weltweit. Zudem eskaliert der US-Handelskonflikt mit China weiter, was negative Folgen für die Weltwirtschaft mit sich bringt. US-Zölle auf alle chinesischen Waren in Höhe von 145 Prozent dürften kumulierte Kosten in Höhe von 150 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft über die vier Jahre bis 2028 bedeuten. Durch Chinas Reaktion mit Vergeltungszöllen in Höhe von 125 Prozent steigen die Kosten für Deutschland auf eine Größenordnung von rund 200 Milliarden Euro kumuliert über die Jahre 2025 bis 2028. Die Zölle lassen sich ökonomisch nicht rechtfertigen. So sind die Werte wichtiger Faktoren in der von der Trump-Administration verwendeten Formel nicht wissenschaftlich zu rechtfertigen. Realistische Werte für die Überwälzung von Zöllen auf Importpreise würden deutlich niedrigere Zölle ergeben. Zudem ist es fragwürdig, bei der Berechnung zu unterstellen, dass andere makroökonomische Größen wie Exporte und Wechselkurse konstant bleiben. Darüber hinaus wird die Ursache für die bestehenden Defizite in der Handels- und der Leistungsbilanz auf Zölle geschoben. Es bleibt unberücksichtigt, dass die USA mit der EU einen deutlichen Überschuss im Handel mit Dienstleistungen und auch bei den im Ausland erwirtschafteten Primäreinkommen aufweisen. Zudem wird ignoriert, dass die Defizite der USA im Warenhandel und in der Leistungsbilanz auf einen anhaltend hohen Überschuss in der Kapitalbilanz zurückzuführen sind. Diese strukturell positiven Nettokapitalimporte gehen zurück auf die die Rolle des US-Dollar als globale Reserve- und Transaktionswährung sowie auf hohe staatliche US-Budgetdefizite. Durch eine aggressive Zollpolitik lässt sich daran nichts ändern, das US-Warenhandelsbilanzdefizit wird also erhalten bleiben und sich nur zu anderen Ländern verschieben. Umso mehr muss die EU nun besonnen, aber mit Stärke reagieren und schmerzhafte Gegenmaßnahmen konkret in Aussicht stellen. Sie sollten auch Dienstleistungen mit einbeziehen, weil die USA hier einen hohen Überschuss mit der EU haben und verwundbarer als im Warenhandel sind. Das gilt insbesondere für Gebühren für die Nutzung geistiger Eigentumsrechte, wo der Überschuss der USA besonders groß ist. Hier mit Handelsbarrieren anzusetzen, kann die USA unter Druck setzen. Aber da dies handelspolitisches Neuland ist, sind die Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft zunächst genauer zu analysieren. Eine weitere Überlegung liegt darin, Digitalunternehmen der USA in den Blick zu nehmen. Gegenmaßnahmen kann die EU im Rahmen zweier Instrumente umsetzen, die nach der ersten Trump-Administration beschlossen wurden - der Enforcement Regulation oder des Anti Coercion Instruments.
JEL-codes: E17 F14 F17 (search for similar items in EconPapers)
Date: 2025
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