Gewerkschaften fordern mehr Freizeit und Vorteilsregelungen: Tarifpolitischer Bericht 1. Halbjahr 2025
Hagen Lesch,
Lennart Eckle and
Maya Seelhorst
No 38/2025, IW-Reports from Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute
Abstract:
Im ersten Halbjahr 2025 fanden in lediglich neun der inzwischen 22 vom IW-Tarifmonitoring erfassten Branchen Tarifverhandlungen statt, wovon die meisten bereits 2024 begannen. Es kam zu vergleichsweise wenigen Auseinandersetzungen, die aber konfliktreich verliefen. Neben immer noch recht hohen Entgeltforderungen gab es Forderungen nach mehr Freizeit für die Beschäftigten. Die Gewerkschaften verlangten im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen, bei der Deutschen Post und bei der Deutschen Bahn (EVG-Tarifbereich) zusätzliche freie Tage. In der Druckindustrie sollte die Wochenarbeitszeit im Osten von 38 auf 35 Stunden abgesenkt werden. Hinzu kamen Forderungen nach Vorteilsregelungen für Gewerkschaftsmitglieder. So sollten Gewerkschaftsmitglieder im Öffentlichen Dienst und bei der Deutschen Post vier zusätzliche freie Tage erhalten. Die maximale Eskalationsstufe - sie gibt auf einer 7-stufigen Skala an, bis zu welcher Stufe ein Konflikt eskaliert - lag im in diesem Halbjahr im Durchschnitt der neun Konflikte bei 2,6. Dies entspricht mehr als den 2,3 Punkten, die im langfristigen Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2024 erreicht wurden. Die Konfliktintensität - sie summiert die im Laufe einer Tarifauseinandersetzung erreichten Eskalationsstufen - lag bei durchschnittlich 9,1 Punkten. Das waren 0,7 Konfliktpunkte mehr als im langjährigen Mittel der Jahre 2000 bis 2024. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Wert jedoch gesunken. 2024 lag die durchschnittliche Konfliktintensität noch bei 11,4 Punkten. Zu den drei konfliktreichsten Tarifauseinandersetzungen gehörten die Verhandlungen für die Ärzte an kommunalen Krankenhäusern, für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen sowie für die Angestellten in der Systemgastronomie. Es gab allerdings in keiner dieser Tarifbereiche unbefristete Streiks. An den Krankenhäusern eskalierte der Konflikt zwar bis zur Urabstimmung (Stufe 6), konnte dann aber beigelegt werden. Die verschiedenen Konflikthandlungen summierten sich auf 22 Punkte. Im Öffentlichen Dienst und in der Systemgastronomie kam es jeweils zu erfolgreichen Schlichtungen (Stufe 5). Die Konflikthandlungen summierten sich im Öffentlichen Dienst auf 21 Punkte und in der Systemgastronomie auf 20 Punkte. Die Verhandlungen in der Druckindustrie, in der westdeutschen Textilindustrie und bei der Deutschen Post eskalierten jeweils bis zum Warnstreik (Stufe 4). Es fielen zwischen 14 und 16 Konfliktpunkte an. Am friedlichsten ging es bei der Deutschen Bahn zu. Dort einigte sich das Unternehmen mit der Eisenbahnergewerkschaft EVG nach drei Tarifrunden konfliktfrei. Im zweiten Halbjahr folgen Tarifverhandlungen in der Eisen- und Stahlindustrie, im Öffentlichen Dienst der Länder sowie bei Eurowings (Kabinenpersonal). Ende des Jahres läuft dann auch der Entgelttarifvertrag zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL aus. Konflikthandlungen sind bis Ende des Jahres eher nicht zu erwarten. In der Stahlindustrie sollten die Tarifvertragsparteien angesichts der Stahlkrise kooperativ verhandeln und aufgrund des späten Beginns der Verhandlungen im Öffentlichen Dienst dürften Warnstreiks erst Anfang 2026 an Intensität gewinnen. Bei der Bahn gilt über das Jahresende hinaus noch eine zweimonatige Friedenspflicht.
JEL-codes: J50 J51 J52 (search for similar items in EconPapers)
Date: 2025
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