Der Einfluss von beruflicher Ähnlichkeit und Arbeitsmarktbedingungen auf Berufswechsel: Eine exemplarische Analyse von 31 Berufen für den Ausbau erneuerbarer Energien
Paula Risius,
Valeria Quispe Villalobos,
Lydia Malin,
Franziska Arndt,
Armin Mertens and
Jan Engler
No 40/2025, IW-Reports from Institut der deutschen Wirtschaft (IW) / German Economic Institute
Abstract:
Für die Energiewende werden in unterschiedlichen Berufen Fachkräfte dringend gesucht: Allein in den 31 für die vorliegende Studie betrachteten energierelevanten Berufen konnten im Jahr 2024 knapp 119.000 der insgesamt knapp 185.000 offenen Stellen nicht besetzt werden. Damit liegt die Stellenüberhangsquote der rechnerisch nicht besetzbaren Stellen bei 64 Prozent. Das bedeutet, dass für knapp zwei von drei offenen Stellen in diesen energierelevanten Kernberufen keine entsprechend qualifizierten Fachkräfte verfügbar sind. Unter den diskutierten Lösungsvorschlägen zur Fachkräftesicherung gewinnt die Debatte um Berufswechsel und die damit verbundenen Potenziale angesichts der derzeit wieder steigenden Arbeitslosenzahlen zunehmend an Relevanz. Etwa 62,5 Prozent der im Jahr 2023 neu begonnenen sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten in den untersuchten Berufen entfielen auf Berufswechsler, die vorher eine andere Tätigkeit ausgeübt hatten. Dies verdeutlich das bereits realisierte Ausmaß der vorhandenen Berufswechselpotenzialen für die Fachkräftesicherung und die damit verbundene Flexibilität von Unternehmen und Beschäftigten bei Rekrutierung, Bewerbung und Stellenbesetzung. Die vorliegende Studie widmet sich der Fragestellung, inwieweit die anhand von Kompetenzüberschneidungen gemessene Ähnlichkeit von Berufen mit einer höheren Zahl an Berufswechseln einhergeht und diese begünstigt. Zur Messung der beruflichen Ähnlichkeit wurde mithilfe von Big-Data-Methoden und unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) eine eigene Maßzahl entwickelt, die die berufliche Ähnlichkeit anhand von Überschneidungen der Kompetenzanforderungen zwischen Berufspaaren quantifiziert. Darüber hinaus werden ergänzend berufsspezifische Kenngrößen aus der Arbeitsmarktstatistik berücksichtigt, um weitere relevante Einflussfaktoren auf die Wechselentscheidung von Arbeitgebern und -nehmern zu modellieren. Die Ergebnisse zeigen, dass eine hohe inhaltliche berufliche Ähnlichkeit Berufswechsel positiv beeinflusst: Aus Herkunftsberufen, deren Kompetenzprofile einem der betrachteten Einmündungsberufe stärker ähneln, wechseln - anteilig gemessen an der Zahl zur Verfügung stehenden Beschäftigten mit einer entsprechenden Tätigkeit im Herkunftsberuf - mehr Personen in den jeweiligen Einmündungsberuf. Regressionsanalysen zeigen darüber hinaus, dass auch die formale Ähnlichkeit von Berufen definiert durch die Klassifikation der Berufe relevant ist: Es finden mehr Wechsel zwischen Berufen statt, die dort näher beieinander liegen. Dies trifft für die ausgewählten akademisch geprägte Berufe weniger stark zu als für die Ausbildungsberufe im gewählten Berufe-Set. Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse ist durch die Fokussierung auf die ausgewählten energierelevanten Einmündungsberufe begrenzt und nicht ohne Weiteres auf andere Berufe übertragbar. Für Politik und Unternehmen lassen sich aus den Ergebnissen spezifische Handlungsempfehlungen ableiten. Grundsätzlich konnte gezeigt werden, dass Unternehmen offen für Berufswechsler sind. Die Vermutung liegt nahe, dass dies für Berufe mit Fachkräfteengpässen und steigendem Fachkräftebedarf stärker ausgeprägt sein dürfte als für andere. Um die Potenziale geeigneter Berufswechsler noch stärker zu heben, können Unternehmen in Stellenanzeigen darauf hinweisen, dass auch Bewerbungen von Personen erwünscht sind, die nur einen Teil der Kompetenzanforderungen für die Stelle erfüllen und aus anderen Tätigkeitsfeldern kommen. Diese Bemühungen können Akteure wie die Bundesagentur für Arbeit unterstützen, indem sie Kompetenzüberschneidungen zum ausgeschriebenen Stellenprofil besser sichtbar machen. Zur Überbrückung fehlender Kompetenzen sollten außerdem Qualifizierungsbausteine wie Teilqualifikationen weiter gestärkt werden. Es ist daher zu begrüßen, dass im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigt wird, die Jobcenter für die Eingliederung mit ausreichenden Mitteln auszustatten, und die Vermittlung in Arbeit zu stärken.
Keywords: Erneuerbare Energie; Berufswahl; Berufswechsel; Erwerbsverlauf; Deutschland (search for similar items in EconPapers)
JEL-codes: J24 J62 Q43 (search for similar items in EconPapers)
Date: 2025
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